Was sind primäre und sekundäre Kopfschmerzen und «Red Flags»?
Sekundäre Kopfschmerzen
Kopfschmerzen sind eines der häufigsten Gesundheitsprobleme. Die meisten von uns haben schon an Kopfschmerzen gelitten. Manchmal sind Kopfschmerzen nur ein Symptom eines anderen medizinischen Problems; dann sprechen wir von sekundären Kopfschmerzen. Beispiele hierfür sind Kopfschmerzen bei einem grippalen Infekt, nach einer durchzechten Nacht oder bei einem Aufenthalt in grosser Höhe.
Primäre Kopfschmerzen
Wenn dem Schmerz hingegen keine andere Erkrankung oder Störung zugrunde liegt, sprechen wir von primären Kopfschmerzen.
In diesem Fall sind die Kopfschmerzen das eigentliche medizinische Problem. Meist handelt es sich um erbliche Veranlagung und Umweltfaktoren, die zu primären Kopfschmerzen führen.
Beispiele hierfür sind der Spannungstyp-Kopfschmerz (am häufigsten), die Migräne oder der Cluster-Kopfschmerz.

Ursachen der Kopfschmerzen finden
Den Schmerzen kann man nicht allein durch körperliche Untersuchungen oder Bildgebung auf den Grund gehen. Um die Ursachen der Schmerzen zu verstehen, ist ein gründliches Gespräch zur Krankengeschichte (Anamnese) nötig.
Ziel dieses Gesprächs ist es, herauszufinden, um welche Art von Kopfschmerzen es sich handelt, was die Ursachen davon sein könnten, und wie man die Kopfschmerzen am besten behandeln kann. Bei der Diagnosestellung ist die neurologische Untersuchung (Untersuchung des Nervensystems) ebenfalls sehr wichtig.
Internationale Klassifikation
Um die verschiedenen Arten von Kopfschmerzen besser einordnen zu können, haben Expertinnen und Experten eine internationale Klassifikation entwickelt. Diese hilft dabei, Kopfschmerzen nach bestimmen Merkmalen wie Art des Schmerzes, Dauer, Auslöser, Häufigkeit und Begleitsymptome zu unterscheiden und einer bestimmten Kopfwehdiagnose zuzuordnen: The International Classification of Headache Disorders - ICHD-3
Diese Klassifikation ist Grundlage für unsere heutige Beurteilung in den Kopfschmerz-Sprechstunden.
So ist die Migräne ein charakteristischer Kopfschmerz, der durch spezifische Medikamente behandelt werden kann (zum Beispiel Triptrane), die bei anderen Kopfschmerzarten nicht wirken.
Daher ist es wichtig, bei neuartigen Kopfschmerzen ärztlichen Rat zu suchen. Manche Schmerzen können gut hausärztlich behandelt werden; bei manchen ist eine spezifische Beratung bei einer/m Neurologin/Neurologen sinnvoll.
Handelt es sich um primäre Kopfschmerzen, sind Aufklärung, Beratung und möglicherweise Behandlung erforderlich. Dabei gibt es nicht-medikamentöse Massnahmen (Ausdauersport, Entspannungstechniken), aber auch medikamentöse Therapien. Auslöser (sogenannte Trigger) sollten beachtet werden, und können sehr individuell sein. Natürlich stehen auch bei der Auswahl der Therapien immer die Präferenzen der Patientinnen und Patienten im Zentrum.
Selten kann aber auch eine ernsthafte Erkrankung Ursache für sekundäre Kopfschmerzen sein. Dann müssen weitere Abklärungen erfolgen, um die Ursache der Schmerzen zu finden und zu behandeln.
Um den Ärztinnen und Ärzten zu helfen, Betroffene von ernsthaften Krankheiten zu erkennen, wurden sogenannte «Red Flags» entwickelt. Das sind Warnzeichen, die Expert/innen beachten sollten, um einen abklärungsbedürftigen, sekundären Kopfschmerz nicht zu verpassen. Hierzu gehören die Punkte in der untenstehenden Liste.
Zum Glück sind die meisten Kopfschmerzen nicht durch gefährliche Krankheiten verursacht. Trotzdem gilt: eine Kopfschmerz-Beratung ist meist sehr hilfreich. Viele Menschen suchen keinen medizinischen Rat auf, und müssen dann lange unnötig an Kopfschmerzen leiden.

«Red Flags» bei Kopfschmerzen:
- Veränderung der bisherigen Kopfschmerzsymptomatik/ neuartige Kopfschmerzen
- schlagartiges Auftreten der Kopfschmerzen
- vernichtende Kopfschmerzen
- progrediente (sich verschlimmernde) Kopfschmerzen
- Auftreten fokal-neurologischer Defizite (Lähmungen, Sehstörungen, Taubheitsgefühle, Gleichgewichtsstörungen o.ä.)
- Bewusstseins-/ Persönlichkeitsveränderungen
- epileptische Anfälle
- Lageabhängigkeit der Kopfschmerzen (z.B. Zunahme oder Abnahme beim Liegen, Verbindung mit Übelkeit, Papillenschwellung, also Schwellung des Sehnervenkopfes im hinteren Teil des Auges, Pupillenveränderungen, andere Hirnnervenschädigungen)
- Fieber, Nackensteifigkeit
- Augenschmerzen (DD Glaukomanfall)
- anhaltende Kopfschmerzen von konstanter umschriebener Lokalisation
- vorangegangenes Trauma
- persönliche Anamnese: Risikofaktoren für Sinusvenenthrombose, also für Blutgerinnsel im Gehirn (z.B. Thromboseneigung, Nikotin, hormonelle Verhütung) oder Hirnblutung (z.B. Gefässmalformation); Tumorleiden
Referenzen:
- Neurologie Compact, Thieme Verlag
- SKG Kopfwehalgorithmus
- DGN Leitlinien
- Red and orange flags for secondary headaches in clinical practice SNNOOP10 list, Thien Phu Do et al., Neurology 2019