Migräne: Akuttherapie
Einleitung: Prinzipien der Akuttherapie
Die erste «Säule» der Migräne-Therapie ist die sogenannte «Akuttherapie». Diese umfasst Massnahmen, die beim Auftreten von Migräneattacken eingesetzt werden können, um diese so schnell wie möglich zu lindern. Ziel der Akuttherapie ist eine rasche Besserung der Kopfschmerzen sowie ggf. der Begleitsymptome.
Die wichtigsten allgemeinen Prinzipien der Akuttherapie sind:
- Wahl der Wirkstoffe gemäss früherer Erfahrung bzw. Stärke der Attacken (z.B. bei starken Attacken direkt ein Triptan probieren)
- Anwendungsform (z.B. Nasenspray, Tablette etc.) je nach zeitlicher Entwicklung und Stärke der Attacke bzw. der Begleitsymptome (z.B. bei starker Übelkeit/Erbrechen keine Tablette)
- Einnahme so früh wie möglich, sofort nach Eintreten der Kopfschmerzen
- Einnahme einer ausreichenden Dosis
- Einnahme von Medikamenten an maximal 10 Tagen pro Monat, um das Risiko für Medikamentenübergebrauchskopfschmerzen gering zu halten
Verschiedenen Methoden
Nicht-medikamentöse Methoden
Zur Akuttherapie gehören auch praktische, nicht-medikamentöse Methoden, wie z.B. Rückzug und «Powernapping», das Aufragen von Pfefferminzöl oder das Kühlen der Kopfhaut. Diese Massnahmen beruhen auf praktischen Erfahrungen und haben sich als hilfreich erwiesen.
Darüber hinaus gibt es sogenannte neuromodulative Verfahren. Dabei kommen spezielle Geräte zum Einsatz, die mit leichten elektrischen Impulsen entweder die Nerven an der Hautoberfläche im Gesicht (TENS: TENS= Transkutane Elektrische NervenStimulation oder e-TNS = externe Trigerminus-NervenStimulation) oder vom Kopf weiter entfernte Nerven (REN= Remote Electrical Neuromodulation, d.h. ferne elektrische Nervenstimulation) stimulieren.
Diese Varianten könnten insbesondere nützlich sein, wenn Medikamente vermieden werden sollen, z.B. in der Schwangerschaft.
Medikamente
Therapieempfehlungen
Im November 2023 hat die Schweizerische Kopfwehgesellschaft eine Neuauflage der Therapieempfehlungen für u.a. die Akutbehandlung der Migräne veröffentlicht.
Die wichtigsten Substanzgruppen diesbezüglich sind:
«Normale» Schmerzmittel (Analgetika)
Diese helfen bei Schmerzen im Allgemeinen. Allerdings sollte beachtet werden, dass Paracetamol oft unzureichend wirkt. Deswegen werden meist sogenannt nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR, wie z.B. Ibuprofen) oder das Metamizol, empfohlen. Darüber hinaus sollte aufgrund des hohen Suchtpotenzials auf die Einnahme von Opioiden/Tranquilizer verzichtet werden.
Triptane
Diese Medikamente wurden speziell für die Behandlung von Migräne entwickelt. Wichtig zu wissen ist, dass Triptane bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorsichtig eingesetzt werden sollten, da sie die Blutgefässe verengen können. Allerdings zeigen Erfahrungen und Studien, dass das Risiko in der Praxis meist gering ist. Neu ist auch, dass Triptane unter bestimmten Bedingungen direkt in Apotheken erhältlich sind (Liste B+).
Mittel gegen Übelkeit (Antiemetika)
Da Übelkeit häufig eine Begleiterscheinung von Migräne ist, können diese Medikamente helfen, die Beschwerden zu lindern.
Eine detaillierte Auflistung aller Substanzen, inklusive der verschiedenen Triptane und deren Dosierungen sowie Anwendungsformen, ist hier zu finden.

Was gibt es Neues?
Lasmiditan ist seit 2022 in der Europäischen Union (Achtung: nicht in der Schweiz!) für die Akuttherapie der Migräne zugelassen. Dieses Medikament wirkt ähnlich wie die Triptane, führt jedoch zu keiner Verengung von Gefässen und kann somit auch Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen gegeben werden2. Allerdings sind Nebenwirkungen wie Benommenheit für die Betroffenen oft einschränkend.
In der Schweiz sind seit Mai/Juni 2024 zwei neue Substanzen, sog. «Gepante» zugelassen. Diese Medikamente wirken ähnlich wie die neuen Antikörpertherapien und blockieren gezielt den sogenannten CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide) Botenstoff, der bei der Migräne eine wichtige Rolle spielt.
Da es «Kleinmoleküle» sind, wirken die Gepante besonders schnell. Ein Beispiel ist «Rimegepant», das als Schmelztablette eingenommen wird, wobei die Substanz sowohl als Prophylaxe (dafür aktuell in der Schweiz zugelassen), wie auch als Akuttherapie eingesetzt werden kann3.
Referenzen:
- https://www.headache.ch/portrait/therapiekommission
- Kuca B et al. Lasmiditan is an effective acute treatment for migraine: A phase 3 randomized study. Neurology 2018; 91(24):e2222-32.
- Croop R, et al. Efficacy, safety, and tolerability of rimegepant orally disintegrating tablet for the acute treatment of migraine: a randomised, phase 3, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet. 2019 Aug 31;394(10200):737-745.